Um in Krisenzeiten einen Unterschied zu machen, sind andere Ansätze in der Kommunikation gefragt. Reines umsatzorientiertes Absatzmarketing findet zumindest bei mir wenig Anklang.

Vor einiger Zeit kaufte ich mir Philip Kotlers Werk: Marketing 4.0. Ich war auch auf der Suche nach Inspiration, wie ich meine eigene kleine Firma wirkungsvoll positionieren könnte. Nach 70 Seiten legte ich das Buch aber zur Seite und schaute seitdem nicht mehr hinein. Denn was darin steht, ist für mich nichts Neues. Einmal mehr wird einfach mit anderen, neuen Worten beschrieben, wie man mit geschicktem Marketing die Umsätze erhöht und wie man sich hierfür die neuen Technologien zunutze machen kann.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich stelle die Grundprinzipien im Marketing, wie zum Beispiel die altbekannte AIDA-Formel keineswegs in Frage. Umso mehr, als diese auch in der Kommunikation eine zentrale Rolle spielt. Wie gewinne ich die Aufmerksamkeit (A) meiner Anspruchsgruppen? Wie wecke ich Interesse (I)? Aber beim D (Desire) verabschiede ich mich in der Regel von der Mehrheit meiner Kolleg*innen in der Marketingkommunikation oder PR und suche meinen eigenen Weg. Vor allem dann, wenn es darum geht, mit mehr oder weniger geschickten Kommunikation in den Menschen ein Kaufbedürfnis auszulösen, damit diese dann auch die gewünschte Handlung (A für Action) an den Tag legen. Denn nicht selten schaffen sie hierfür künstlich ein Problem. Ich als Frau im „reifen“ Alter denke da zum Beispiel zuerst an all die Anti-Aging-Produkte auf dem Markt. Als ob Altern und Falten im Gesicht ein Makel wären. Ich bin froh, dass ich es soweit gebracht habe und für mich sind Falten, insbesondere Lachfalten – Krähenfüsse! – ein Zeichen von Charakter.

Gerade in der jetzigen Situation geht es darum, in der Kommunikation ehrliches Mitgefühl zu zeigen, ohne sich anzubiedern. Unternehmen haben jetzt die Chance, den Leuten glaubhaft aufzuzeigen, dass es ihnen nicht nur um den eigenen Umsatz geht. Sondern, dass sie sich für die Mitmenschen, Kunden interessieren und innerhalb ihrer unternehmerischen Möglichkeiten nach Lösungen suchen, wie wir alle gemeinsam diese schwierige Zeit möglichst schadlos überstehen.

Ich habe im Moment weder Lust noch das nötige Geld, um mir mit nur vier Klicks ein Auto zu konfigurieren und dieses mir nach Hause liefen zu lassen. Mich beschäftigen ganz andere Fragen. Solch plumpe Verkaufsversuche geraten mir in den falschen Hals und ein solches Unternehmen läuft Gefahr, mich als treue (und gute) Kundin zu verlieren.

Hierfür sollten Unternehmen unter anderem auch ihre Kommunikationsstrategie und ihren Auftritt kritisch hinterfragen: Wer sind unsere Anspruchsgruppen? Was beschäftigt diese im Moment? Vermittle ich ihnen relevante Inhalte? Welche Botschaften schwingen da mit? Welche Werte vermittle ich? Nicht zuletzt sollten wir unsere Worte in solchen Zeiten sehr sorgsam wählen.

Aber nicht nur die Inhalte und Sprache, sondern auch technische Aspekte wie Schnelligkeit, Sicherheit und vor allem auch Benutzerfreundlichkeit spielen im Internet eine übergeordnete Rolle: Online-Shops und digitale Hilfsprogramme schiessen derzeit wie Pilze aus dem Boden. So laufen zum Beispiel verschiedene Gutscheinprogramme auf dem Internet, die KMUs helfen wollen, ihre Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Die Plattformen sind aber von unterschiedlicher Qualität, dass ich beim einen oder anderen rasch entnervt wieder abgesprungen bin. Gerade weil sich in Zeiten von Corona wo sich mehr Menschen als sonst im Internet tummeln, insbesondere auch solche, die sich vielleicht noch nicht so gut zurechtfinden, sollte solche Angebote möglichst niederschwellig, barrierefrei und die Inhalte sauber strukturiert dargestellt sein. Die Anspruchsgruppen sollten die wichtigen Informationen auf Anhieb finden, ohne dass sie sich relativ orientierungslos durch eine Website durchklicken müssen.

So gesehen hat eine Firma gerade in dieser sehr herausfordernden Zeit die einmalige Chance, eine gute Reputation, Vertrauen aufzubauen oder sich neu zu positionieren. Denn jetzt werden die Karten neu gemischt.

Inspirationen:

Edwin Toonen Adapting your content strategy to changing times, Yoast
Interview mit Stefanie Gloor von der Agentur und moritz in Basel
Philip Kotler, Hermawan Kartajaya, Iwan Setiawan: Marketing 4.0, Wiley 2017